Frauen lieben Pink und Männer mögen blau. Unzählige Klischees zu geschlechtertypischem Verhalten und unterschiedlicher Präferenzen halten sich schon Jahrhunderte in den Köpfen der Menschen. Doch manche stimmen, das bestätigen Studien: Ob Produktvorlieben, Werbepräferenzen oder Entscheidungsfindung, Frauen und Männer ticken in einigen Bereichen anders. Unternehmen nutzen diese Unterschiede, um ihren Content auf individuelle Bedürfnisse anzupassen. Was Ihr dabei beachten müsst und warum Ihr auf klassische Rollenbilder verzichten solltet, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

Gender Marketing: Definition, Eingrenzung und Herkunft

Per Definition geht es im Gender Marketing darum, Produkte, Werbemaßnahmen und Kanäle nach geschlechtsspezifischen Bedürfnissen zu differenzieren und in der Kommunikation gezielt auf diese einzugehen. Das soziodemografische Merkmal „Geschlecht“ bildet also die Basis für die Marketing-Maßnahmen. Seinen Ursprung hat das Gender Marketing in den USA, wo in den 90er Jahren verstärkt damit begonnen wurde, das Marketing bewusst auf die typischen Unterschiede zwischen Mann und Frau auszurichten. Nicht zu verwechseln ist Gender Marketing mit LGBT Marketing, das die sexuelle Orientierung oder die Gender Identity in den Vordergrund stellt.

Frau vs. Mann – Die (kleinen) Unterschiede im Content-Marketing

Nun sorgen die rollentypischen Kategorisierungen von Mann und Frau, auf der eben auch der Grundgedanke des Gender Marketings basiert, immer wieder für Kritik. Hat doch das vielfältige Engagement im Kampf für die Gleichstellung der Frau in vielen Belangen zu einem Umdenken in der Gesellschaft geführt.

Tatsache ist aber, dass es definitiv Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt – vor allem aus Marketing-Sicht, wie verschiedene Studien belegen. Und das ist wiederum besonders für die Ausrichtung der Content-Marketing-Strategie von Bedeutung.

Ein Blick auf die e-Commerce-Statistiken zeigt: Frauen shoppen online gerne Kleidung, Bücher und Schuhe, während Männer bevorzugt elektronische Artikel kaufen. Für Blogs, Social Media Beiträge und Co. heißt das daher: Der Content sollte jene Themen aufgreifen, die für die entsprechende Zielgruppe relevant sind. So werden Lifestyle-Blogs mit Artikeln rund um Reisen, Fashion oder Literatur vor allem die weiblichen Konsumenten ansprechen, technische Inhalte hingegen stoßen eher bei den Männern auf Interesse.

Auch in der Customer Journey gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Für Frauen hat ein optimaler Kauf große Bedeutung. Deshalb recherchieren und vergleichen sie mehrere Angebote und holen sich Inspiration sowie Rat in Blogs oder aus dem persönlichen Umfeld, bevor sie sich tatsächlich für ein Produkt entscheiden. Männer hingegen agieren pragmatischer. Ihnen „genügt“ ein guter Kauf, weshalb sie auch weniger recherchieren und fragen, sondern ihre Kaufentscheidung schneller treffen und demnach linearer zum Kaufabschluss kommen. Für Websites oder Online Shops bedeutet das: Abhängig davon, welche Zielgruppe erreicht werden soll, sollten Aufbau, Struktur oder Position von Rezensionen und FAQs etc. auf die unterschiedlichen Customer Journeys ausgerichtet werden.

Aber nicht nur der Aufbau spielt eine Rolle, sondern auch die Ästhetik. Frauen legen großen Wert darauf und sprechen vor allem auf Optik und Emotion an. Mit ansprechendem Design, farblicher Harmonie und Storytelling über Video-Content oder Bildsprache werden sich daher vorwiegend weibliche Benutzer begeistern lassen. Männern hingegen ist die Optik weniger wichtig. Sie bevorzugen stattdessen einen höheren Informationsgehalt und eine klare Abgrenzung zwischen Content und Werbeinhalten. Die unterschiedlichen Ansprüche an Design, Farbgestaltung oder Verhältnis zwischen Storytelling und Information sollten deshalb bei Landing Pages, Websites oder Produktseiten unbedingt berücksichtigt werden. Ein Beispiel dafür liefert Gillette, die ihre Websites gezielt danach ausgerichtet haben, was Männer und Frauen sehen wollen:

Auf gillette.de werden Rasierer, Gesichtspflege etc. für Männer präsentiert. Die Website ist aufgebaut wie ein „klassischer“ Online-Shop (Navigation, Angebote etc.):

Die „weibliche“ Version gillettevenus.de ist dagegen eher wie ein Online-Magazin aufgebaut:

Gillette, Bosch und Coca-Cola – Positive Beispiele für Gender Marketing

Auch in der Kommunikation ist Gillette ein Best-Practice-Beispiel für Gender Marketing: Sie verzichten in ihrem Produktdesign bewusst auf eine sichtbare Kategorisierung, wie beispielsweise die Kennzeichnung „For Women“ oder klischeehaftes Pink. Stattdessen setzen sie darauf, die Produkteigenschaften unterschiedlich zu kommunizieren – so sorgen die Damenrasierer für ein „Venusgefühl“, während die Männerrasierer den „Frische-Kick für den Body“ versprechen.

Ähnlich agierte Coca-Cola mit ihren getrennten Produkteinführungen: Cola Light für Frauen und Cola Zero für Männer. Die unterschiedlichen Werbekampagnen setzen auf eine zielgruppen-spezifische Kundenansprache: So steht die Zero-Variante ganz im Zeichen von „No Sugar“ und packt die männliche Zielgruppe bei ihrem Ego. Auch namhafte Testimonials, wie Manuel Neuer, kamen in den Kampagnen bereits zum Zug. In der Light-Variante hingegen stehen Leichtigkeit und Erfrischung im Vordergrund, denen auch der kürzlich durchgeführte Verpackungs-Relaunch und der aktuelle Kampagnen-Slogan „Nimm dein Leben leicht“ Tribut zollt. Mit Erfolg – denn Tests haben ergeben, dass sich die Frauen mit der Kampagne durchaus identifizieren.

Auf der Identifikation mit dem Produkt liegt auch der Fokus bei der Produktentwicklung des Bosch Akkuschraubers IXO. Im Gegensatz zu den klassisch auf Männer ausgelegten Bohrmaschinen mit hoher Leistungsstärke und technischer Funktionalität richtet sich das kleinere Pendant mit einfacher Bedienbarkeit, geringem Gewicht und ästhetischem Design vor allem nach den Bedürfnissen der weiblichen Zielgruppe, jedoch ohne sich geschlechtsspezifischen Klischees zu bedienen. Mit dem Resultat, dass der Bosch IXO inzwischen das meistverkaufte elektrische Werkzeug der Welt ist.

Fazit: Gender Marketing muss dem modernen Gesellschaftsbild entsprechen

Dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, ist unbestritten. Deshalb kann es für Unternehmen aus Marketing-Sicht durchaus zielführend sein, hinsichtlich Präferenzen und Kaufverhalten zwischen den Geschlechtern zu differenzieren, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzugehen und den Content entsprechen anzupassen. Entscheidend dabei ist es jedoch, die gesellschaftliche Entwicklung zu berücksichtigen und keine ausgrenzenden, sexistischen oder rollentypischen Inhalte zu verbreiten. Denn diese werden immer weniger toleriert, was in Zeiten von Social Media & Co. zu heftiger Kritik führen kann.

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