Eine Ära ohne Cookies steht vor der Tür. Das Messen des Nutzerverhaltens auf Website, Social Media und Co. wird für Unternehmen erneut zur Herausforderung. Vor allem für Marketer sind zielgruppenspezifische Daten unverzichtbar. Ohne präzise Analyse-Tools droht ein unpräzises Targeting. Für die Zukunft zeichnen sich verschiedene Perspektiven ab, wie das genaue Tracking Eurer Inhalte und Nutzer trotzdem gelingen kann.

Hintergrund: Cookies, die DSGVO, das EUGH-Urteil und das Tracking

Der Europäische Gerichtshof hat die neue Rechtslage bestätigt: Cookies bedürfen der aktiven Einwilligung der Nutzer. Banner, die den User darüber informieren, dass Cookies für Marketing, Analysen und Tracking gesetzt werden, sind nicht mehr ausreichend. Vielmehr muss der User eigenständig agieren und dem Tracking sein Ok geben. Auch alternative Methoden wie etwa Fingerprint, Google-ID und E-Tags sind von diesem Beschluss betroffen.

Wurde die DSGVO und E-Privacy-Verordnung bisher noch auf die leichte Schulter genommen, drohen ab 2020 bei Verstößen Strafverfolgungen. Bisher war die Datenschutzbehörde in Deutschland gnädig. Diese Schonzeit ist nun (zwei Jahre nach Einführung der DSGVO) abgelaufen. Bereits 200.000 Fälle stehen auf der roten Liste, bei denen Google Analytics unzulässig genutzt wurde. Und zumindest auf EU-Ebene wird die E-Privacy-Verordnung nach der Überarbeitung wohl für weitere rechtliche Einschränkung der traditionellen Tracking-Methoden sorgen.

Für Marketer bedeuten diese Änderungen: Augen auf beim Cookie-Verlauf. Datensicherheit wird immer wichtiger und die Rechtslage der EU unterstützt das Sicherheitsbedürfnis der Bürger durch entsprechende Verordnungen. Webseiten werden zukünftig weniger personalisierte Daten liefern können, weshalb ein Umdenken stattfinden und Alternativen gefunden werden müssen.

Browser, die Cookies plattmachen

Selbstbestimmung und Datenschutz verändern gegenwärtig die digitale Landschaft: Standardbrowser blocken Third Party Cookies bereits und der amerikanische Riese Apple führte 2018 ein Tool im Safari-Browser ein, das Werbetreibende davon abhält, personalisierte Anzeigen mittels Third Party Cookies zu schalten. Firefox ist nachgezogen und seit jüngstem blockt der populärste Browser, Google Chrome, standardmäßig alle Third Party Cookies. Und sogar eigens gesetzte First Party Cookies werden in ihrer Lebensdauer begrenzt und binnen Tagesfrist gelöscht.

Da Google von der Einschränkung des Werbemarktes stark betroffen ist, setzt sich das Digitalunternehmen für Alternativen ein und regt dazu an, über internationale Standards nachzudenken. Denn die Affiliate-Branche leidet bereits. Speziell diese Sparte braucht neue Tracking-Verfahren, die das Verbraucherbedürfnis nach Privatsphäre mit den Vorteilen von personalisierter Werbung und Targeting in Einklang bringen.

Dass Third Party Cookies an Bedeutung verlieren, erfreut den Marketer nur wenig, denn es erschwert das Retargeting und sorgt für höhere Streuverluste, da Werbung ohne Tracking nicht zielgruppengenau ausgespielt werden kann. Die Entwicklung zeigt klar, dass Alternativen notwendig sind.


Warten auf die bestmögliche Cookie-Alternative

Der Wettbewerbsvorteil von Big Tech

Die Hände reiben dürften sich hingegen die US-Konzerne Google, Apple, Facebook sowie Amazon (GAFA), denn für das Login über die Plattformen gelten Sonderregeln. Immer häufiger finden die Anmeldungen auf Websites mithilfe eines entsprechenden Accounts bei GAFA statt. Die Unsicherheit in der Werbebranche dürfte künftig also noch mehr Budget in die Richtung der Big Player fließen lassen.

Für die Zukunft tut gerade die europäische Digitalwirtschaft gut daran, sich von den US-Konzernen zu emanzipieren. Das steigende Datenschutzbedürfnis ist dafür nur ein weiteres Signal.

Login-Lösung: Eine Perspektive für das Nutzertracking

Doch welche Möglichkeiten gibt es, dem Rückzug der Cookies zu trotzen und gleichzeitig das Machtverhältnis der US-Konzerne nicht weiter auszubauen? Als Königslösung gilt derzeit die Integration eigener Logins für Content-Angebote. Die Inkompatibilität mit Datenschutz und Browser wäre umgangen und Nutzer lassen sich anhand einer E-Mail-Adresse weiterhin genau tracken – sogar Geräte-übergreifend.

Klar ist jedoch, dass diese Lösung eher für etablierte Unternehmen gilt. Kleine Unternehmen werden es schwer haben, dass Nutzer sich auf der eigenen Webseite registrieren. Hinzu kommt, dass die Login-Angebote von Facebook, Google und dem neuen „Sign in with Apple“ eine große Konkurrenz bilden, da sie für den User im Zweifelsfall einfacher von der Hand gehen. Apple betont, dass der Login über sie keinerlei Daten erhebe – hier steht also bisher kein Werbezweck im Fokus.

Als deutsch-europäische Universallösung für Login-Tracking gilt die NetID, die von den Mediengruppen ProSieben und RTL sowie United Internet ins Leben gerufen wurde. Die Begeisterung um die Initiative wächst – bislang sind 60 digitale Partner daran beteiligt. Um noch mehr Aufmerksamkeit zu generieren, planen die Investoren 2020 eine große B2C-Kampagne.

Unified IDs – Das Angebot der Adtech-Unternehmen

Eine weitere Alternative sind gemeinsam genutzte Identifier, die eine Art universelle Kommunikation in der Werbebranche ermöglichen. Dabei werden Cookies auf entsprechenden Servern gespeichert. Über Schnittstellen erhalten die Werbetreibenden dann Zugriff auf die Daten. Kritisiert wird jedoch, dass private Anbieter von dem Datenhandel profitieren und die Akkumulation von Macht zu Korruption führen kann.

Um das zu verhindern, haben sich neutrale Organisationen wie beispielsweise Digitrust gebildet, die den Verbrauchern mehr Kontrolle über ihre Daten bieten wollen, indem eine anonymisierte Advertising Identity erstellt wird.

Es bleibt abzuwarten, ob Unified IDs nicht auch den Regelungen der Datenschutzverordnung widersprechen werden, da sie zu großen Teilen auf den Technologien von Third Party Cookies basieren.

Semantisches Targeting als Ersatz für Cookies

Eine Alternative, die sich ganz von personenbezogenen Daten freimacht, ist das semantische Targeting. Basierend auf Keywords analysiert dieses Verfahren den gesamten sichtbaren Text einer Webseite und spielt dem Nutzer entsprechend seines Suchverhaltens relevante Anzeigen aus. Dies stellt sicher, dass Werbeanzeigen sowohl dem Kontext der Webseite als auch den Interessen der User gerecht werden.

Fazit: Der Status quo beim Cookieless Tracking

Cookies sind vom Aussterben bedroht: Auch wenn sie wohl nicht vollkommen verschwinden werden, so müssen Marketer aufgrund der Rechtslage doch nach alternativen Tracking-Methoden suchen. Bis neue Lösungen etabliert und standardisiert sind, wird es jedoch deutlich schwieriger, Nutzer mit relevanter Werbung zu bespielen.

Lohnt es sich derzeit, vor allen auf die Angebote von AdTech-Unternehmen zu setzen, sollte zukünftig in das semantische Targeting und die Integration in nicht kommerzielle Unified IDs investiert werden, um die Waage zwischen Datenschutz und Personalisierung zu finden.

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