So nutzen Sie journalistische Formate in Ihrem Blog

    We believe that great writing wins the day,

    Jay Moye, Senior Writer and Editor für Coca Cola Journey.

    Die Artikel Ihres Blogs sollten gut geschrieben sein, inhaltlich überzeugen und den Leser unterhalten. Machen Sie sich deshalb mit den journalistischen Werkzeugen vertraut – dies wird Ihnen dabei helfen, Texte zu schreiben die aus der Inhaltsflut im Netz herausstechen. Ein Blog mit hoher journalistischer Qualität überzeugt die Leser. Im Gegensatz zum Printbereich haben Sie zudem den Vorteil, dass Sie mehr Raum für die Gestaltung haben, so können Sie Videos und andere Multimedia-Features integrieren.

    Journalistische Formate für Ihre Blogartikel

    Die Aufmerksamkeitszeit Ihres Lesers ist kurz: Nur 28% eines Textes lesen Besucher einer Seite (*Jakob Nielsen anhand von Usability-Studien). Wenn Sie nicht genau das Bedürfnis und Interesse Ihres Lesers treffen, wird sicherlich noch mehr Ihres Textes schlicht ignoriert. Journalismus ist nicht umsonst ein seriöses und lang erlerntes Handwerk. Nutzen Sie für Ihre Blogartikel verschiedene journalistische Formate. So wird ihr Blog abwechslungsreicher, wirkt kompetenter und fachlich glaubwürdiger.

    Journalistische-Formate

    Am Anfang steht die Recherche

    Ein Drittel der Textarbeit für Ihren Blog besteht aus Vorarbeiten: Recherche, Wissenserwerb und Fakten sammeln. Ausgeprägte journalistische Kompetenzen gehören zu den Grundanforderungen an Redakteure. Die inhaltliche Basis dafür liefern exakte und umfangreiche Recherchen. Sie sollten die Themen und Inhalte, die zu Ihrer Seite passen und die Webpräsenzen Ihrer Wettbewerber so genau wie möglich kennen.

    Erst wenn Sie Ihr Thema hundertprozentig verstanden haben, können Sie Texte formulieren, die Ihre Kunden sofort verstehen. Umgekehrt gilt: Überladen Sie Ihre Leser nicht mit Fachwissen und gehen Sie nicht davon aus, dass die Leser über das gleiche Expertenwissen verfügen wie Sie. Ihre Artikel sollten Substanz haben sowie klar und verständlich geschrieben sein.

    Generell gilt: Jeden Text, der Ihre Leser nicht überzeugt, haben Sie umsonst geschrieben. Wirtschaftlich erfolgreiches Texten ist harte Arbeit!

    Tipp

    TIPP: Die Texte für Ihren Blog müssen außerdem SEO-optimiert sein und einen Anlese-Teaser bieten. In ihrem Aufbau sollten sie dem Prinzip der „umgekehrten Pyramide“ folgen – also den Leser von Ihrer Kernaussage über Quellen und Details bis zu den Hintergründen führen. Verkaufsstarke Teaser und Ihr gesamter Text brauchen eine knackige Headline sowie einen „Call-to-Action“, der Ihre Zielgruppe wirklich animiert.

    Der Headline-Check ist die halbe Miete

    Wenn Sie wissen, was Ihre Leser interessiert, können Sie Schlagzeilen machen. Die Headlines müssen sitzen! Tageszeitungen machen den so genannten Headline-Check. Dabei gehen Chefs und Redakteure lediglich die Überschriften der Hauptartikel an – allein diese entscheiden, ob der Leser auch die Texte lesen wird. Wenn beispielsweise der „Spiegel“ titelt „Der Papst und der verdammte Sex“ (5/14), kann das Redaktionsteam sicher sein, dass diese Geschichte Interesse findet.

    Für Ihren Blog ist die Headline das entscheidende Element des Textes. Sie steuert die Aufmerksamkeit Ihrer Leser – wenn sie dies nicht schafft, ist Ihr Blog-Post für die User überhaupt nicht existent. Prüfen Sie deshalb mit einem Headline-Check, ob Ihre Überschriften knackig, informativ und provozierend statt nichtssagend und langweilig sind.

    Interviews – Interviewen Sie Experten zum Thema

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    Interviews sind ein großartiges Format, um persönliche Meinungen zu reflektieren oder Experten zu Wort kommen zu lassen. Exzellente Vorbereitung sowie eine klare Zielstellung sind dabei wichtig. Formulieren Sie kurze und präzise Fragen. Lassen Sie Ihrem Interviewpartner Zeit, seine Ansichten und Informationen darzulegen. Ihre persönliche Meinung spielt dabei keine Rolle – Sie agieren als Fragesteller und nicht als Kommentator. Widersprüche können Sie jedoch in Ihren Fragen formulieren um das Interview interessanter zu machen. Eine Ausnahme sind Streitgespräche: Falls Sie sich – analog zum „Spiegel-Gespräch“ – für dieses Format entscheiden, beziehen Sie als Interviewer die Gegenposition. In der Praxis sind Streitgespräche allerdings nichts für Ungeübte.

    Ein Interview wird – anders als jedes andere journalistische Format – von Ihrem Interviewpartner gewöhnlich autorisiert. Den originalen Wortlaut dürfen Sie dann verändern, wenn der Interviewte dies ausdrücklich wünscht, um explizite Wiederholungen zum selben Thema zu eliminieren oder um eher schwammige Formulierungen – natürlich auch bei Ihren eigenen Fragen – auf den Punkt zu bringen.

    Bei längeren Gesprächen erfordert professionelles Redigieren oft auch radikales Kürzen oder eine Dramaturgie, welche die wesentlichen Punkte eines zunächst relativ wenig strukturierten Interviews in eine aufmerksamkeitsstarke Ordnung bringt. Nach deutschem Presserecht dürfen Sie unautorisierte Interviews – beispielsweise unter Zeitdruck – nur dann veröffentlichen, wenn beiden Seiten klar ist, dass die Aussagen zur „wörtlichen oder sinngemäßen“ Publikation vorgesehen sind.

    Das Feature – leichter Lesestoff mit interessantem Inhalt

    Viele Texte auf Ihrem Blog werden möglicherweise Features sein. Das englische Wort ist ein Synonym für spannende und lebendige Texte. Manche Redaktionen klassifizieren auch Reportagen, Korrespondentenberichte oder Beiträge, die vollständig aus Archivmaterialien bestehen, als ein Feature. Zwar existiert für das Feature keine strenge Form – einige Regeln sind jedoch auch mit diesem Format verbunden. Die wichtigste besteht darin, dass ein Feature immer auf Tatsachen beruhen muss und keine subjektiven Wertungen enthält. Insgesamt gesehen ist das Feature jedoch ein eher leichter Lesestoff, der von interessanten Themen und ihrer eleganten textlichen Formulierung lebt.

    Die Reportage – subjektives Storytelling

    Eine der frühesten Reportagen der Menschheit ist Homers Odyssee. Damals wie heute geht es bei der Reportage um spannendes Erzählen von selbsterlebten Abenteuern und Geschichten. Entscheidend ist, dass Sie Ihr Thema in Form einer anschaulichen Erzählung formulieren – sinnlich, subjektiv, ohne Sprachklischees sowie mit kräftigen Bildern und Zitaten. Eine Reportage fordert von Ihnen, dass Sie Augen und Ohren offenhalten und über Ihre persönliche Wahrnehmung berichten.

    Klingt einfach? In der Praxis ist es das oft leider nicht. Die Reportage ist das exakte Gegenteil von „journalistischer Anarchie“. Subjektivität bedeutet nicht, dass Sie Ihre Gefühle bis ins Kleinste schildern dürfen. Vielmehr geht es dabei um eine punktgenaue Auswahl der erlebten Tatsachen durch Sie als Autor. Viele Redaktionen erlauben ihren Journalisten für deren Reportagen mit Ausnahme von authentischen Erfahrungsberichten in extremen Situationen übrigens noch nicht einmal die Ich-Form.

    Wenn Sie wirklich anschaulich, schlicht und wahr erzählen können, besitzen Sie ein Naturtalent für Reportagen – und kommen damit den Wünschen Ihrer Leser weit entgegen. Erfahrene Redakteure wissen: Leser lieben Reportagen, weil sie ihnen die Möglichkeit bieten, ein Geschehen (fast) persönlich zu erleben. Das Format ist also nahezu ideal für Ihren Blog – falls Sie über das entsprechende Erzähltalent verfügen und Themen finden, die für Ihre Zielgruppe „maßgeschneidert“ sind. Und: Mit erfolgreichen Reportagen erklimmen Sie sozusagen den Olymp des Journalismus – für die Journalistenschulen sind sie der untrügliche Test, ob sich jemand für den Berufsstand eignet.

    Das Porträt – am spannendsten für den Leser sind andere Menschen

    Menschen interessieren sich für andere Menschen – dieses Bedürfnis bedient das journalistische Format des Porträts am besten. Der Mensch steht dabei – wie im realen Leben auch – im Mittelpunkt, holt Ihre Geschichte damit aus der Abstraktion und zieht auf diese Weise Ihre Leser in den Bann. Beginnen Sie Ihre Texte, wenn irgendwie möglich, mit einer Geschichte über einen konkreten Menschen und setzen Sie diese in Beziehung zum Thema Ihres Blog-Posts.

    Porträtieren können Sie Menschen aus einer aktuellen Begegnung oder aus Ihrer Erinnerung heraus. Die Grenzen zu Reportagen, Interviews, Bericht und Feature bis hin zu literarischen Formen sind dabei fließend. Das Genre ergibt sich aus dem Thema Ihres Textes – das Porträt und damit Menschen sind dafür jedoch auch auf Ihrem Blog eine der wichtigsten Komponenten.

    Der Kommentar – journalistisches Format zur aktiven Meinungsbildung

    Kommentare sind innerhalb der journalistischen Formate der legitime Ort für aktive Meinungsbildung. In einem Kommentar kommen Sie und Ihr Unternehmen zu Wort, analysieren eine konkrete Situation und formulieren Ihre Ansicht. Den Einstieg in den Kommentar bildet eine kurze Referenz zu der Nachricht, auf die Sie sich beziehen. Danach kommt es darauf an, welche Ziele Sie mit Ihrem Kommentar verfolgen. Wichtig ist vor allem, dass Sie ihn prägnant und „süffig“ formulieren und eine klare „Stoßrichtung“ darin erkennbar ist. Wenn Sie kommentieren, haben Sie sich klar und eindeutig für eine bestimmte Position entschieden.

    Kommentare lassen sich in unterschiedliche Typen unterscheiden:

    • Der Einerseits-Andererseits-Kommentar erörtert das Für und Wider eines Sachverhalts und kommt schließlich zu einem mehr oder weniger klaren Fazit. Unter Journalisten ist er beliebt – die Leser schätzen oft emotional gefärbte und kurze Kommentare deutlich stärker. Leitartikel werde oft in einer abgeschwächten Variante dieser Kommentarform formuliert – oft ohne explizites Fazit und als eine filigrane Mischung aus Andeutungen und Analyse.
    • Der Pro- und Kontra-Kommentar liefert nach dem Abwägen eine eindeutige Schlussfolgerung oder Wertung. Wenn seine drei Komponenten durch Zwischenüberschriften unterteilt sind, liefert er dem Leser sehr strukturierten Lesestoff und ermöglicht ihm außerdem, die verschiedenen Positionen sowie die Gedankengänge des Kommentators systematisch zu verfolgen.
    • Der Meinungsartikel gibt explizit die Position des Autors wieder, ohne zwingend auf andere Positionen einzugehen.

    Ihr Blog eignet sich übrigens hervorragend zum Kommentieren. Für welche Kommentarform Sie sich entscheiden, hängt von den Präferenzen Ihrer Zielgruppe und natürlich auch vom gewählten Thema ab.

    Fazit: Scheuen Sie sich nicht in die Welt des Journalismus einzutauchen und Ihren Blog durch abwechslungsreiche Formate zu bereichern. Mit Sicherheit fällt Ihnen das Schreiben Ihrer Artikel leichter, wenn Sie nicht stets nach Schema F vorgehen. Ihre Leser werden Sie dafür sicher belohnen.

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