Axel R. Dorfer, Head of Channel Marketing bei dem KMU item industrietechnik GmbH im Interview zum Thema “Internationales Content Marketing am Beispiel eines mittelständischen Industrieunternehmens”.
item industrietechnik bietet auf seiner Webseite zahlreiche nützliche Inhalte für seine Kunden: White Papers, Montageanleitung sowie zahlreiche Videos zu Produkten, Unternehmensinfos sowie zu typischen Kundenfragen.
In unserem Interview sprach Dorfer über Content Marketing in deutschen Unternehmen sowie seinen eigenen Erfahrungen mit dem Thema.
Redaktion: Deiner Meinung nach ist es für Geschäftsführer schwierig Content Marketing zu verstehen. Warum?
Axel R. Dorfer: Gerade im B2B-Umfeld ist es für Geschäftsführer in der Kommunikation mit Agenturen sehr schwierig über Content Marketing zu sprechen, da der Begriff noch relativ schwammig ist. Die Agenturen müssen sich häufig erst einmal selbst informieren, was Content Marketing ist und was dies mit sich bringt. Einfacher wird es, wenn wir über Techniken wie “Geschichten erzählen”, also Storytelling, sprechen. Dieser Begriff lässt sich anhand von Beispielen relativ schnell beschreiben. Denn die Agenturen wissen mittlerweile wie sie Kundengeschichten erzählen.
Redaktion: Ist Content Marketing für Unternehmen eine “Nice-to-have”-Spielerei, die schnell abgestempelt wird?
Axel R. Dorfer: Ja, Unternehmen erkennen tasächlich die Relevanz nicht. Für viele erschließt sich der ROI, der Return on Investment, nicht auf den ersten Blick. Besonders im Mittelstand geht es hauptsächlich noch um die Vertriebspower. Das Potenzial des Marketings ist für den Vertrieb noch gar nicht wirklich erkennbar und es gibt nur ganz wenige Unternehmen, die Content Marketing tatsächlich schon umsetzen. Das ist für das Thema Content Marketing, vor allem im B2B-Bereich, eine große Herausforderung.
Redaktion: Was würdest du in einem Satz sagen: Was ist das schwierigste für B2B-Unternehmen den Wert von Content Marketing zu erkennen?
Axel R. Dorfer: Wie hängt Video mit Umsatz zusammen?
Mit Social Media kommuniziere ich mit vielen
Redaktion: Nun ist ja Social Media eine Kommunikation mit bestimmten Personen. Im Grunde ist es nur ein Kanal, so als würdest du diese Person anrufen.
Axel R. Dorfer: Genau. Aber ich brauche für Facebook oder auch für YouTube den entsprechenden Inhalt. Ich muss meinen Kunden etwas erzählen können.
Redaktion: In einem Telefonat auch, oder?
Axel R. Dorfer: Das stimmt. Bei Social Media ist es jedoch keine Eins-zu-Eins-Kommunikation, sondern Eins-zu-n-Kommunikation, da wir sowohl bei Facebook als auch bei YouTube mit vielen Menschen gleichzeitig kommunizieren. Das Potenzial dahinter zu erkennen fällt vielen schwer.
Redaktion: Was war der Grund für item industrietechnik Content Marketing umzusetzen? Was war der ausschlaggebende Impuls?
Axel R. Dorfer: Wir haben zum Beispiel sehr innovative Geschäftsführer, die die Bedeutung von Content Marketing schnell erkannt haben. Wir haben eine seit Jahren starke Markenführung. So waren wir sehr schnell beim Thema Content Marketing dabei.
Redaktion: War die Geschäftsführerebene bereit Risiken einzugehen und etwas Neues zu probieren?
Axel R. Dorfer: Als Risiko wurde dies im Grunde genommen nicht gesehen. Content Marketing ist zwar ein Invest, aber im Sinne von Henry Ford: Ich gebe 100 Euro für Marketing aus, aber ich weiß nicht, welche 50 von den 100, die ich insgesamt ausgebe, die richtigen oder die falschen sind. Mit dieser Einstellung gingen wir an das Thema heran.
Redaktion: Nun könnt ihr mit Content Marketing ja auch Kundengruppen erreichen, die ihr vielleicht über andere Kanäle nicht mehr erreicht. Zum Beispiel geht Print zurück und Anzeigen funktionieren nicht mehr uneingeschränkt. Klassische Marketing-Maßnahmen sind nicht mehr so effizient. Kannst du dies für euer Unternehmen bestätigen?
Axel R. Dorfer: Ja, das das konnten wir auch nachweisen. Zu Beginn war es nicht ganz klar, dass eine Messeveranstaltung oder der Vertrieb nicht mehr so viel Neukundenpotenzial bringen konnte wie Online-Kanäle. Nachdem wir andere Maßnahmen umgesetzt haben, wie eben Content Marketing, ist das klarer geworden. Denn auf einmal ist der Neukundenanteil signifikant nach oben gegangen. Auch am Beispiel unseres Webshops machte sich dies bemerkbar, die Umsätze sind für ein Industrieunternehmen merklich in die Höhe gegangen.
Redaktion: Mit e-Commerce? Ist eure Webshop international ausgerichtet?
Axel R. Dorfer: Ja, erstmal ist der Shop nur in Deutschland.
Mit Content Marketing Kunden generiert
Redaktion: Das heißt konkret: Es haben Kunden online bei euch gekauft, die euch vorher nicht kannten?
Axel R. Dorfer: Zum Beispiel.
Redaktion: Wurden diese auf den Shop aufgrund eurer Content Marketing-Strategie aufmerksam?
Axel R. Dorfer: Genau. Aufgrund unserer Content Marketing-Strategie in den jeweiligen Portalen oder in den anderen Kanälen konnten wir neue Kunden generieren.
Redaktion: Mit welchem Content konntet ihr hauptsächlich sichtbarer werden und Neukunden gewinnen?
Axel R. Dorfer: Im Moment sind es Newsletter-Kampagnen, in denen wir unseren Content verbreiten. Und hauptsächlich White Papers oder auch Videos.
Redaktion: Setzt ihr die Inhalte punktuell als abgeschlossene Kampagnen ein oder können Seitenbesucher diese ständig abrufen?
Axel R. Dorfer: Wir setzen beides um. Es gibt sowohl Kampagnen als auch kontinuierlich abrufbare Inhalte auf unserer Website.
Redaktion: Würdest du sagen, dass Content Marketing für euch eine dauerhafte Strategie ist?
Axel R. Dorfer: In den nächsten zwei Jahren sicherlich, dann muss es sich wirklich zeigen, ob es funktioniert.
Redaktion: Was, wenn nicht?
Axel R. Dorfer: Das wird schwierig. Sollte unsere Strategie nicht funktionieren, müssen wir im B2B-Umfeld wieder klassisch unsere Produkte vertreiben.
Redaktion: Wie viele Leute sind bei euch für die Erstellung eurer Inhalte zuständig?
Axel R. Dorfer: Es sind insgesamt sieben bis neun Leute.
Redaktion: Das ist eine Investition für die Content-Produktion. Sind zusätzlich noch weitere Personen aus anderen Abteilungen beteiligt?
Axel R. Dorfer: Ja, die Produktentwicklung und der Vertrieb.
Redaktion: Wie ist die Zusammenarbeit?
Axel R. Dorfer: Der Vertrieb hat den Wunsch mitzusprechen, da im Vertrieb eine ganz bestimmte Wortwahl verwendet wird, die im Marketing nicht vorkommt.
Redaktion: Welche Sprache ist das?
Axel R. Dorfer: Die vertriebliche Sprache. Der Vetrieb benutzt ganz bestimmte Worte nicht, beispielsweise gibt es keine Rabatte, sondern nur Kostenvorteile. Oder es gibt keine Probleme, sondern nur Aufgabenstellungen. Es gibt keine Negativworte, sondern immer nur positive Begrifflichkeiten. Im Marketing spricht man schon mal eine etwas blumigere Sprache, die dann abgeglichen werden muss. Das ist ein Vorteil für unser Unternehmen und die interne Zusammenarbeit wird dadurch gefördert.
Redaktion: Was sind denn eure konkreten Ziele? Leads an erster Stelle oder auch Sichtbarkeit der Marke?
Axel R. Dorfer: Man kann das so unterteilen: Es gibt bestimmte Bereiche, in denen wir versuchen, die Marke nach vorne zu bringen und sichtbar zu machen. Auf der anderen Seite möchten wir Leads generieren für bestimmte Produktgruppen.
Redaktion: Habt ihr Personas definiert?
Axel R. Dorfer: Ja, ungefähr 20.
Redaktion: Das ist viel. Wie kriegt man so viele Personas in den Griff?
Axel R. Dorfer: Indem man sie ganz klar für bestimmte Produktgruppen definiert und innerhalb dieser Produktgruppe und nicht auf das ganze Unternehmen gezielt anspricht.
Redaktion: Also steht die Anwendung des Produktes im Vordergrund?
Axel R. Dorfer: Die Anwendung des Produktes steht im Vordergrund oder der Nutzen, der das Produkt für den Kunden bringt. Da wir produktgruppenspezifisch arbeiten, haben wir immer bestimmte Fachpersonen im Blick, deshalb haben wir auch viele Personas.
Redaktion: Wurden deine Erwartungen bisher an Content Marketing erfüllt?
Axel R. Dorfer: Ja, denn sie waren nicht allzu hoch. Zu Beginn hatte ich selbst noch keine klare Vorstellung des Begriffes und wie sich Content Marketing realisieren lässt.
Redaktion: Ich möchte gerne vier Statements in einem Satz bekommen. Wieso muss ein Unternehmen heute Content Marketing einsetzen?
Axel R. Dorfer: Um relevante Sichtbarkeit zu erzeugen.
Redaktion: Was ist der Hauptnutzen von Content Marketing?
Axel R. Dorfer: Letzten Endes Vertrauensbildung und Sichtbarkeit.
Redaktion: Welche Inhalte sollte jedes Unternehmen auf jeden Fall erstellen, wenn es Content Marketing startet?
Axel R. Dorfer: White Paper und Online-PR, also ganz normale Pressearbeit um die Marke und den Services des Unternehmens darzustellen.
Redaktion: Wer sollte am besten den Content erstellen?
Axel R. Dorfer: Eine Gruppe aus Marketing, Produkt und Vertrieb.
Redaktion: Herzlichen Dank für das Interview